So hat die Digitalisierung im Gesundheitswesen durch die Krise neuen Schub erhalten: vor allem die Telemedizin kann Arztpraxen und Kliniken nachhaltig entlasten. Videosprechstunden tragen in der momentanen Krisensituation deutlich dazu bei, dass bestimmte Berufsgruppen relativ gefahrenfrei arbeiten können. Telemedizin kann helfen, Krankenhaus-Einweisungen bei Herzinsuffizienz zu verhindern und Risiko-Patienten zu Hause zu versorgen, sodass Klinik-Kapazitäten für Notfälle vorgehalten werden können. Videosprechstunden helfen zudem niedergelassene Ärzte zu entlasten und Infektionsrisiken für Praxispersonal oder im Wartezimmer zu vermeiden. Das momentane Besuchsverbot in Altenheimen verschärft die Problematik deutlich. Handelsübliche digitale Technologien wie Smartphone oder Tablet ermöglichen hier Kontakte zu Angehörigen trotz Besuchsverbot.
Die digitale Gesundheitsversorgung bietet Vorteile nicht ausschließlich vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie. Vielmehr zeigt sich hier Potenzial, auch nach der aktuellen Krise die gesundheitliche Versorgung zu verbessern.
Einzelne Branchen, Berufe, Arbeitnehmer*innen und Freiberufler trifft die Corona-Pandemie in unterschiedlichem Ausmaß. Während in einigen Industriezweigen die Produktion nahezu zum Erliegen kommt oder Kleinstunternehmen oder Soloselbständige um ihr Überleben bangen müssen, haben andere etwa kurzfristig Versorgungskapazitäten zu schaffen, müssen mehr und qualifiziertes Personal oder dringend benötigtes Material kurzfristig organisieren. Gemeinsam trifft viele Unternehmen, dass sie aktuell unter großer Unsicherheit agieren. Je nach Liquiditätslage kann der temporäre Ertragseinbruch schnell zur Insolvenz führen. Um die Regenschirmfunktion der regionalen Banken zu erhalten, sollte deshalb geprüft werden, ob nicht die Reform der Eigenkapitalanforderungen für notleidende Kredite zeitweise ausgesetzt werden kann. Um Unternehmen, Soloselbstständige und Beschäftigte zu stützen, sollten zudem flexible, stärker regionalisierte Wertschöpfungssysteme gefördert werden.
Der Corona-Exit erfordert nicht nur für die „systemrelevanten Berufe“, sondern für Wirtschaft und Arbeitswelt generell den Aufbau und die Weiterentwicklung von Strukturen, Lösungen und Kapazitäten, die mehr Gesundheit und präventive Strategien in der Arbeitswelt verankern. Hier sind von digital gestützten Lösungen zur Gefährdungsbeurteilung über Prävention und Unterstützung für Erwerbstätige mit gesundheitlichen Risikofaktoren bis hin zu Präventionsprogrammen für das Arbeiten im Home-Office und Kinderbetreuung vielfältige Lösungen möglich.
Auf der Suche nach einer Exit-Strategie dürfen Gesundheit und Wirtschaft nicht gegeneinander ausgespielt werden, warnt das IAT. Klar ist, dass die Maßnahmen zur Reduktion der Infektionszahlen im Vordergrund stehen müssen. Denn es ist eine kulturelle und humanistische Leistung, dass die Gesellschaft bereit ist, extreme Einschränkungen hinzunehmen, um gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Wahrnehmen sollte man aber auch andere Auswirkungen des Shut-downs: Bessere Luftreinheit und weniger Lärm sind spürbare Nebeneffekte des Lahmlegens der Wirtschaft und des sozialen Lebens. Vor dem Hintergrund dieser Qualitäten wird eine soziale und ökologische (!) Marktwirtschaft zukünftig nicht um Begriffe wie die „reduktive Moderne“ herumkommen.
Aktuelle Publikation:
Institut Arbeit und Technik (2020): Was kann man noch machen? Handlungsoptionen im Spiegel der Corona Pandemie. Internet-Dokument. Gelsenkirchen: Inst. Arbeit und Technik. Forschung Aktuell, Nr. 05/2020
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