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Bio ist sexy

Die Corona-Pandemie hält uns immer noch in Atem, aber die Welt wird zur Normalität und damit auch zum Konsum zurückkehren. Allerdings ist beim Einkaufen mit einer veränderten Einstellung der Kunden zu rechnen. Prognosen sprechen von achtsamem, sozialem Konsum- und Genussverhalten, von einer Rückbesinnung auf das wirklich Wichtige.

Hat das bewusstere Verhalten der Käufer Einfluss auf das Spitzengeschäft? Wie verändert sich die Nachfrage und welche generellen Trends sind zu erwarten? Diese und weitere Fragen zur Zukunft der Spitze stellte Ulrike Schlenker von Corporate Communications der KARL MAYER Gruppe dem Spitzenexperten Neil Thorpe. Der Geschäftsführer und Gründer von Neil Thorpe Lace Design & Draughting und sein Team entwickeln und zeichnen seit 1986 Spitzenmuster und betreuen einen Stamm von renommierten Kunden weltweit, die unterschiedlich aufgestellt sind.

US: Die Modebranche ist gewöhnlich immer einen Schritt voraus. Welche Saison bereiten Sie gerade vor und was ist dabei wichtiger: Wäsche- oder Bekleidungsspitze?

NT: Wir entwickeln derzeit schwerpunktmäßig Muster für die Saison Frühjahr/Sommer 2023. Für einige unserer Kunden, die Marktführer sind, arbeiten wir schon an Designs für die Folgesaison, also für den Herbst/Winter 2023/24. Der Fokus liegt dabei ganz klar auf Wäschespitze. Rund 80 % der Nachfrage kommen aus diesem Bereich, nur 20 % entfallen auf Bekleidungsspitze.

US: Viele Märkte profitieren von Nachhol-Shopping-Effekten im Zuge der abebbenden Corona-Pandemie. Auch die Wäscheschränke der Konsumenten füllen sich wieder. Zeichnen sich beim Kauf von Spitzenwäsche Nachfragetrends ab, beispielsweise das Design betreffend?

NT: In der Nach-Corona-Zeit gibt es eine starke Fokussierung auf die beiden Themen Komfort und Nachhaltigkeit. Dies zeigt sich mehr in einem Umdenken als in einem Trend, aber es hat einen großen Einfluss auf die Art der Designs und Zeichnungen, die von unseren Kunden verlangt werden. Der Verbraucher wünscht sich Kleidungsstücke, die weich und umweltbewusst aussehen und sich auch so anfühlen. Deshalb arbeiten wir verstärkt an Designs mit einem natürlichen Baumwoll-Look und Zeichnungen, die sich unkompliziert mit ethisch mehr akzeptierten Garnen wie Modal umsetzen lassen.

US: Findet sich die steigende Nachfrage nach Kleidung mit einem nachhaltigen Aussehen auch in der Farbgestaltung wieder?

NT: Wie in jeder Saison hängen die Farben, die unsere Kunden für ihre Muster wählen, in hohem Maße von ihrem Zielmarkt ab. Dennoch ist wie in allen Bereichen der Industrie ein natürliches Erscheinungsbild gefragt. Die Stoffe sollen möglichst naturbelassen aussehen. Die Farbgebung spielt dabei eine wichtige Rolle. Insbesondere Beige, Weiß und Creme deuten auf einen minimalen Einsatz von Farbstoffen hin und vermitteln daher den Eindruck eines umweltbewussten Kleidungsstücks.

US: Ebenso wichtig wie Farben sind Garne beim Spitzendesign. Welche Fadenmaterialien spielen in den kommenden Kollektionen eine Rolle? Sind Bourdon-Cord-Designs wieder angesagt?

NT: Leichtere Garne liegen im Trend, Bourdon-Cord-Gestaltungen sind weniger gefragt. Durch den bereits erwähnten Wunsch nach umweltbewussteren und natürlicheren Mustern sind helle Lurex-Garne ein wenig in Ungnade gefallen, da sie als etwas plastisch empfunden werden. Für die Zukunft der Wäscheindustrie ist die Garnauswahl von entscheidender Bedeutung. Wir brauchen hier eine größere Auswahl an nachhaltigen Garnen. Deshalb freuen wir uns sehr, mit Kunden zusammenzuarbeiten, die in der Garnentwicklung führend sind und brandneue, superweiche, umweltzertifizierte Fasern herstellen. Die Kooperation bietet uns als Ersteller der Zeichnungen die einzigartige Gelegenheit, die optimalen Legungstechniken für eine reibungslose Verarbeitung der neuesten Garne auf der Spitzenmaschine zu finden.

US: Welche Styles werden mit diesen Garnen umgesetzt? Sind eher klassische Spitzendesigns oder abstrakte, geometrische Gestaltungen angesagt?

NT: Bei den jungen Konsumenten gab und gibt es eine gewisse Nachfrage nach kleinen geometrischen Mustern. Im Allgemeinen gehen die Trends für die nächste Saison aber mehr zu Blumenmustern. Dies wurde bei unserem Besuch der letzten Interfilière sehr deutlich. Der Wunsch nach weniger Abfall und langlebigerer Mode hat die Nachfrage nach zeitloser Ästhetik wie Blumen erhöht. Natürlich besteht die Herausforderung für uns darin, klassische Designs zu entwerfen, die den modernen Verbraucher trotzdem begeistern. Für erfrischende Muster halten wir die Blumen klein bzw. mittelgroß und experimentieren mit anspruchsvollen Randgestaltungen und neuen Techniken.

US: Wohin geht der Trend hinsichtlich der Feinheit? Werden feine Spitzen in sein?

NT: Unsere Kunden haben sich in letzter Zeit für einige schwerere Muster entschieden, da Häkel- und Lochstickereimuster sehr beliebt sind und einen hohen Anteil an Baumwolle oder ähnlichen Garnen ermöglichen. Der Trend geht jedoch eindeutig zu zarteren Mustern. Leichte Garne, vor allem im Grund, stellen allerdings eine besondere Herausforderung in puncto Umweltverträglichkeit dar. Daher hängt viel von der Entwicklung neuer Fasern und der Anpassung der Legungstechnik an diese Fasern bei der Erstellung unserer Zeichnungen ab.

US: Sie arbeiten an der Schnittstelle zwischen dem Garn und seiner Verarbeitung auf der Maschine, meist auf einer Spitzenraschelmaschine. Haben Sie Wünsche an KARL MAYER als den führenden Hersteller dieser Maschinen hinsichtlich der Performance seiner Angebote? Und haben Sie Wünsche an die Garnhersteller?

NT: Hinsichtlich der Maschinenperformance bekommen wir von unseren Kunden oft das Feedback, dass die Käufer die versetzte Franse für den Maschenstopp als Fehler in der Ware sehen. Wir würden eine Neuentwicklung begrüßen, die die bewährte Funktion ohne die optische Beeinträchtigung bietet. Was das Garn betrifft, so ist ein breiteres, leichter verfügbares Angebot an nachhaltigen Garnen definitiv erforderlich, um die Nachfrage nach bewussterer Mode zu befriedigen. Als Musterzeichner würden wir uns über die Entwicklung eines verbesserten glänzenden Garns freuen, das in Kombination mit Elastan nicht zum Verrutschen und zur Schlaufenbildung neigt, wie dies bei Lurex der Fall ist.

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