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Freie Bahn für wilde Tiere: Weiterer Meilenstein für Wildtierkorridor in Borneo durch Umwandlung von Ölpalmenplantagen in Regenwald

Vor einem Jahr startete die Kooperation vom Rhino and Forest Fund (RFF) – einer Ausgründung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) – und dem Borneo Orangutan Survival (BOS) Deutschland e.V. Ziel der Zusammenarbeit ist die Umwandlung von Ölpalmenplantagen in neuen Regenwald, der als Wildtierkorridor zwischen den zwei Schutzgebieten Tabin und Kulamba dienen soll. Innerhalb von drei Jahren haben der RFF und weitere Partner mit beratender Unterstützung des Leibniz-IZW 65 Hektar Schlüsselgebiete (Wald- und Plantagenflächen) auf Borneo in Malaysia erworben.

Die freigekauften Flächen wurden dem Sabah Forestry Department (SFD) übereignet, das diese Flächen in den höchsten Schutzstatus überführte. Ohne die maßgebliche Unterstützung des SFD wäre das Projekt nicht möglich gewesen. Die geschützten Gebiete sollten durch Pflanzungen heimischer Baumarten wieder in naturnahen Regenwald umgewandelt werden. Ein wichtiger Meilenstein dafür ist nun geschafft: Auf 50 Hektar ehemaliger Ölpalmenplantage wurden 2020 rund 8.000 neue Bäume gepflanzt. Die vom RFF mit Unterstützung von BOS, Zoo Leipzig und weiteren Partnern erworbenen Schlüsselgebiete sollen zukünftig 200.000 Hektar derzeit getrennter Schutzgebiete zusammenwachsen lassen, die für das Überleben der bedrohten Flora und Fauna Borneos von zentraler Bedeutung sind.

Bei den mit Hilfe von Spendengeldern gekauften Einzelflächen handelt es sich um degradierte Waldgebiete und Ölpalmenplantagen. „Ziel ist es, diese und weitere Schlüsselgebiete in naturnahen Regenwald zurückzuwandeln, damit sie als Wildtierkorridore wertvolle natürliche Lebensräume schnellstmöglich verknüpfen, bevor es für bedrohte Arten wie den Orang-Utan, den Banteng, den Zwergelefanten und viele andere zu spät sein wird", erklärt Robert Risch, Projektleiter und Vorstand vom RFF.

Die Allianz aus NGOs und Wissenschaft plant, schon bald weitere Plantagenflächen zu renaturieren und diesen Prozess langfristig wissenschaftlich zu begleiten. Dabei sollen evidenzbasierte Erkenntnisse über effiziente Methoden der Renaturierung und die Wiederbesiedelung von Wildtieren gewonnen werden. Ein Ergebnis der geplanten Forschung soll eine Blaupause für die Umwandlung von Ölpalmenplantagen sein, die künftig auch in anderen Gebieten zur Renaturierung eingesetzt werden könnte.

„Gemeinsam wollen RFF, BOS und Leibniz-IZW weitere wichtige Flächen identifizieren, die sich für unsere geplanten Forschungsprojekte eignen. Für die Finanzierung des Flächenkaufs und der Forschung wollen wir private Unterstützer, Naturschutzvereine und staatliche Förderprogramme nutzen. Ziel ist es, Naturschutz, Forschung, Agrarwirtschaft und die lokale Bevölkerung sinnvoll zu kombinieren, um auf diesem Weg die biologische Vielfalt und die Bedürfnisse der Menschen vor Ort nachhaltig und langfristig zu schützen“, erklärt Steven Seet, Leiter Wissenschaftskommunikation am Leibniz-IZW und Vorstandsmitglied im RFF.

„Hier in Sabah können wir durch die Unterstützung beim Flächenkauf ganz konkret einen Beitrag für den Erhalt von Orang-Utans und anderen bedrohten Wildtieren leisten. Was wir bisher schon erreicht haben, ist ein toller Erfolg. Die Renaturierung von Agrarflächen ist ein unverzichtbares Element in einer Gesamtstrategie zum Schutz der Biodiversität. Und gerade in Zeiten von Corona ein Schritt in die richtige Richtung“, sagt Daniel Merdes, Geschäftsführer von BOS Deutschland.

Landnutzungswandel, Habitatdegradierung und Habitatzerschneidung sind einer der Haupttreiber des Artensterbens. Die auf Habitatinseln durch Habitatzerschneidung isolierten Populationen bedrohter Wildtierarten verschwinden nach und nach, da sie einerseits zu wenig Nahrungsangebote haben und andererseits ihre genetische Vielfalt eingeschränkt ist. Je kleiner die verbliebenen Habitatreste, desto schneller verlieren sie ihre biologische Vielfalt. Daher ist neben dem Schutz der verbliebenen Naturlandschaften und ihrer Wildtierbestände insbesondere die Schaffung von Landschaftskorridoren eine Schlüsselmaßnahme im Kampf gegen das Artensterben. Die Renaturierung wichtiger Lebensräume wie Sümpfe, Mangroven, Savannen und Regenwälder birgt zudem in enormes Potenzial, um große Mengen Klimagase aus der Atmosphäre zu binden.

Um Korridore zur Verbindung von Habitatinseln zu schaffen, hat der RFF in diesem Jahr bereits auf 50 ha Ölpalmenplantagenfläche rund 8.000 Bäume gepflanzt. Die Setzlinge stammen ausschließlich aus angrenzenden Waldgebieten und regionalen Naturwäldern. Bei der Bepflanzung achteten die Naturschützer*innen und Forscher*innen auf eine hohe Artenvielfalt. Sie pflanzten bislang 32 Baumarten aus 14 Familien. In den kommenden Jahren soll die Fläche noch mit weiteren, derzeit nicht verfügbaren Arten angereichert werden. Damit sollen die restaurierten Flächen der enormen Vielfalt der ursprünglichen Wälder Borneos so nahe wie möglich kommen und auch gefährdeten Baumarten ein Überleben sichern.

Etwa die Hälfte der gepflanzten Bäume gehören zur Familie der Flügelfruchtgewächse (Dipterocarpaceae), die im Tieflandregenwald Borneos bis zu 80 % des natürlichen Kronendachs ausmachen und somit das Rückgrat des ursprünglichen Ökosystems darstellen. Diese Baumarten sind durch die Übernutzung durch die Holzindustrie weitgehend aus der Fläche verschwunden und würden sich von selbst – wenn überhaupt – erst nach vielen Jahrzehnten wieder auf der bislang komplett entwaldeten Plantagenfläche ansiedeln. Zusätzlich werden zahlreiche Baumarten gepflanzt, die Früchte für Wildtiere produzieren oder andere wichtige Funktionen erfüllen, indem sie Bodenverbesserung durch Stickstoffanreicherung oder die schnelle Entwicklung eines geschlossenen Kronendachs vorantreiben.

Darüber hinaus werden zusätzlich zu den aktiv gepflanzten Bäumen hunderte Bäume pro Hektar, die sich natürlich wieder ansiedeln, in die Pflege der Fläche mit einbezogen, indem sie regelmäßig von Überwucherungen durch Kletterpflanzen und Gräsern befreit werden, wodurch die natürliche Regeneration des Waldes deutlich beschleunigt wird. Zudem wird die Renaturierungsfläche mit Kleingewässern und Wiesenflächen angereichert, um in besonderem Maße den Bedürfnissen zahlreicher bedrohter Wildtierarten zu entsprechen, wovon Banteng, Höckerstorch, Haarnasenotter, Zwergelefant, Orang-Utan und viele andere Arten profitieren.

Am Ende entsteht ein Lebensraum, der für Wildtiere bezüglich des Nahrungsangebots und der vielfältigen ökologischen Nischen noch deutlich effizienter sein könnte als eine vergleichbare Urwaldfläche. Davon profitiert auch die lokale Bevölkerung. So arbeiten bereits Mitglieder einer benachbarten Dorfgemeinschaft für das Projekt. Die zu erwartende Verbesserung der Wasserqualität in den angrenzenden Flusssystemen dürfte sich positiv auf die Fisch- und Garnelenbestände auswirken, die die Haupteinnahmequelle der lokalen Fischerdörfer darstellen.

Rhino and Forest Fund (RFF) e.V.

Der RFF ist eine wissenschaftsnahe Natur- und Artenschutzorganisation, die vorrangig in Indonesien und Malaysia aktiv ist. Die Ziele des RFF sind der Schutz von Tier- und Pflanzenwelt in ökologisch wertvollen Regenwäldern, Klimaschutzpolitik und die Realisierung von wissenschaftlichen Modellprojekten für den Erhalt und die Wiederherstellung von naturnahen Regenwäldern. Der RFF ist eine Ausgründung des Leibniz-IZW.

Borneo Orangutan Survival (BOS) Deutschland e.V.

In einem internationalen Netzwerk von Partnerorganisationen schützt BOS Deutschland e.V. den Borneo-Orang-Utan. In zwei indonesischen Rettungsstationen werden verletzte und verwaiste Tiere aufgenommen, gesund gepflegt und rehabilitiert, so dass sie am Ende ihrer Ausbildung wieder ausgewildert werden können. BOS erschließt neue Schutzgebiete, in denen wildlebende Orang-Utans frei leben können, und forstet zerstörte Regenwaldflächen wieder auf. Darüber hinaus betreibt BOS Deutschland wichtige Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit, um die Menschen für die akute Notsituation des Orang-Utans zu sensibilisieren. BOS verfolgt bei seiner Arbeit einen ganzheitlichen Ansatz, der auch die Behörden und Gemeinden vor Ort einschließt, denn nur Hand in Hand ist es möglich, das Überleben des Orang-Utans nachhaltig zu sichern.

Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW)

Das Leibniz-IZW ist eine interdisziplinär arbeitende Forschungseinrichtung, die die Anpassungsfähigkeit von Wildtieren – von der molekularen bis zur landschaftlichen Ebene – im Kontext des globalen Wandels untersucht und damit die wissenschaftlichen Grundlagen für einen innovativen Artenschutz erarbeitet.

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