Die damit verbundenen Herausforderungen in der Abfallwirtschaft verlangen innovative Lösungen. Im Verbundprojekt SpectralAIge sollen die weltweit ersten spektroskopischen Messsysteme entwickelt werden, welche die prozessbedingte Materialalterung von Kunststoffen schnell und präzise bewerten können. Mit der Unterstützung von künstlicher Intelligenz (KI) sollen die bestmöglichen Entscheidungen für die Aufbereitung und Verwendung von Sekundärkunststoffen getroffen werden, um unterschiedlich stark gealtertes Kunststoffmaterial zu erkennen, zu sortieren und dem optimalen Recyclingpfad zuzuführen.
Mit den gewonnen Projekterkenntnissen soll die Erkennung von degradierten Materialien im geschlossenen PET-Pfandflaschen-Kreislauf und in Kunststoffsortieranlagen möglich sein. Dies bietet die Option bestmögliche Entscheidungen für die Aufbereitung und Verwendung von Sekundärkunststoffen zu treffen. Durch das frühzeitige Aussortieren von zu stark degradierten Materialien wird eine höhere Qualität des Rezyklats sichergestellt. Dies ist unter anderem in der Herstellung von Lebensmittelverpackungen wie Pfandflaschen unabdingbar.
Herausforderungen durch Materialalterung
Kunststoffe werden im Recyclingprozess wiederholt hohen Temperaturen und mechanischen Belastungen, zumeist im Extrusions- und Spritzgussprozess, ausgesetzt. Dies kann zur Alterung bzw. Degradation der Materialien führen. Bei zu hohen Konzentrationen von stark gealtertem Material im Herstellungsprozess könnte sich somit die Qualität des Produkts vermindern. Dies kann dazu führen, dass das Produkt aufgrund der Qualitätsmängel nicht mehr in den Umlauf gebracht werden darf. Zwar können Additive diese Alterungsprozesse bis zu einem gewissen Grad ausgleichen, doch bei stark gealtertem Material bleibt nur die Option des Downcyclings oder des chemischen Recyclings. Derzeit fehlen jedoch industrielle Verfahren, um die Alterung bei Kunststoffabfällen schnell und zuverlässig zu analysieren und zu bewerten.
Forschungsvorhaben verfolgt zwei mögliche Ansätze
Im ersten Projektansatz werden hyperspektrale Kamera-Systeme (HSI), die bereits in der Kunststoffsortierung etabliert sind, um LED-basierte Lichtquellen für die Fluoreszenzanregung erweitert. Neben den klassischen Absorptionsspektren können dadurch auch angeregte Fluoreszenzspektren erfasst werden. Die Analyse dieser spektralen Daten mittels KI ermöglicht die präzise Bestimmung der Materialalterung von Kunststoffabfällen.
Die Entwicklung KI-unterstützter, günstiger, inverser Spektrometer steht im zweiten Ansatz im Fokus. Hierfür werden aus breitbandigen Messergebnissen von HSI-Messungen relevante Wellenlängen extrahiert und mithilfe dieser Daten ein inverses Spektrometer gebaut. Diese sollen Rückschlüsse auf die prozessbedingte Alterung von Kunststoffmaterialen ermöglichen. Im Gegensatz zu einem Spektrometer, welches einen kompletten Wellenlängenbereich abdeckt, deckt ein inverses Spektrometer nur gezielt einzelne Wellenlängenbandbereiche ab. Dadurch können die Produktionskosten gesenkt und ein breiter, industrieller Einsatz erreicht werden.
Großes wirtschaftliches Potenzial
„Mit den durch das Forschungsvorhaben gewonnen Erkenntnissen können vielseitige wirtschaftliche Anwendungsfelder gefördert und KMUs der Weg hin zur Circular Economy durch die optimale Nutzung von Sekundärkunststoffen ermöglicht werden“, sagt Frank Stüpmann, Geschäftsführer der Silicann Systems GmbH.
„Wir erhoffen uns, dass durch die Entwicklungen im Projekt unter anderem der Verpackungssektor stark profitieren wird. Dieser erzeugt den größten Anteil an Post Consumer (PC) Kunststoffabfall und es finden kurze Produktlebenszyklen und folglich häufige Verarbeitung statt“, fügt Dr. Linda Mittelberg, Bereichsleiterin des Bereichs Qualität und Lebenszyklus am SKZ. „Die Ergebnisse können insbesondere in PET-Pfandflaschen-Kreisläufen und Kunststoffsortieranlagen angewendet werden.“
Fünf Projektpartner für innovative Lösungen
Das Verbundprojekt „SpectralAIge“ wird zusammen mit den mittelständischen Technologie-Unternehmen Silicann Systems GmbH aus Rostock und HAIP Solutions GmbH aus Hannover sowie den zwei Forschungseinrichtungen Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF aus Magdeburg und dem Kunststoff-Zentrum SKZ aus Würzburg durchgeführt.
Das SKZ ist ein Klimaschutzunternehmen und Mitglied der Zuse-Gemeinschaft. Diese ist ein Verbund unabhängiger, industrienaher Forschungseinrichtungen, die das Ziel verfolgen, die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, insbesondere des Mittelstandes, durch Innovation und Vernetzung zu verbessern.
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