Anfang November versammelte sich wieder das Fachpublikum zum zweijährlich stattfindenden Anwenderforum UV-Druck. Über 70 Personen verfolten an zwei Tagen 17 Vorträgen rund um den UV-Druck: von Umweltaspekten über die Anwendung im Rollenoffset bis hin zu Strahlenhärtungsalternativen und Verbrauchsmitteln. Über den Tellerrand blickten die Vortragenden mit UV-Inkjet, 3D-Siebdruck und Blechdruck. Durch die angenehme und offene Atmosphäre war der gemeinsame Dialog durch einen fröhlichen und konstruktiven Austausch geprägt, sowohl beim geselligen Zusammensein, als auch bei den Fragerunden und Vorträgen.
Blick über den Tellerrand
Als Auftakt blickten vier Referentinnen und Referenten über den Tellerrand. Dabei beleuchteten sie verschiedene Druckmethoden jenseits des klassischen UV-Bogenoffsetdrucks sowie das Thema Farbanhaftung auf nichtsaugenden Substraten.
Dem thematischen Gebiet der Strahlenhärtung im Blechdruck widmete sich zum Auftakt Benjamin Törkö von Koenig & Bauer MetalPrint. Er zeigte auf, dass ein Großteil der Anwender an UV-Druck interessiert ist, insbesondere an LED-UV. Als größtes Investitionshindernis stellen sich jedoch die Mehrkosten bei Verbrauchsmitteln, wie Lacke, dar. Im chemisch-technischen Bereich sind diese Hürden deutlich geringer.
Wie sich die Farbhaftung auf nichtsaugenden Substraten verbessern lässt, erklärte Beatrix Genest vom Sächsischen Institut für die Druckindustrie (SID). In ihrem Vortrag identifizierte Genest die Eigenschaften von Druckfarbe und Substrat als entscheidend. Dabei stellte sie auch fest, dass die Haftung nicht nur von der Oberflächenspannung abhängig ist. Ruhezeit, Auftrag und Zugabe von Primern können zu einer Verbesserung beitragen.
Mit den Herausforderungen für UV im 3D-Siebdruck beschäftigte sich Dr. Florian Wirth von der Exentis Group. Der Einsatz von UV zeigt klare Vorteile, wie etwa verringerte Trocknungszeiten, geringeren CO2-Ausstoß und bessere Handhabung der Gußteile. Notwendig dafür sind unter anderem geeignete UV-Strahler, die nötige Polymerchemie und eine gute Prozessführung.
Thorsten Kinnen von Konica Minolta stellte den UV-Inkjet vor. Ähnlich wie beim Metalldruck konstatierte ebenfalls er die Herausforderung bei der mangelnden Investitionsbereitschaft im Akzidenzbereich. Als Vorteile des Systems beschrieb er die höhere Druckvielfalt, weil auch auf anderen Substraten als Papier gedruckt werden kann. Außerdem zeige sich eine gute Wiederholgenauigkeit mit geringem ∆E und einem großen Farbraum.
Umweltaspekte im UV-Druck
In vier Vorträgen wurde sich dem Thema von sehr unterschiedlichen Seiten genähert. Der Fokus lag dabei auf der Umweltverträglichkeit von UV-Technologien.
„Ist UV-Druckfarbe Plastik?“, fragte Antje Kersten von der Technischen Universität Darmstadt. Die Referentin ging auf die Problematik und die Herausforderungen von Mikroplastik sowie die entsprechenden Regularien ein, zum Beispiel die Synthetische Polymermikropartikel-Verordnung. Hier erläuterte sie den Geltungsbereich und führte die kritischen Bestandteile der UV-Druckfarbe, wie Bindemittel, Hilfsmittel und Wachse auf. Eine Herausforderung in dem Zusammenhang ist die fehlende Definition bezüglich der Molekülgröße. Aus diesem Grund lässt sich die anfangs gestellte Frage mit einem „Es kommt darauf an“ beantworten.
Mit dem Thema Migration bei Lebensmittelkontaktmaterialien beschäftigte sich Marcel Weiß von der Follmann Chemie Gruppe im Auftrag des Verbandes der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie (VdL). Zunächst erklärte der Vortragende, dass die Abgabe an Lebensmitteln von vielen Faktoren abhängig sei, wie Lebensmittel- und Substrateigenschaften sowie Verarbeitung der Komponenten. Weltweit existieren verschiedene Regularien, aber nicht alle Aspekte sind in einer Verordnung geklärt. Eigene Konzepte und Selbstverpflichtungen ermöglichen, dass sichere und konforme Lebensmittelverpackungen hergestellt werden können.
Axel Fischer von der Ingede ging auf die Herausforderungen beim Deinken von UV-Farbe ein. Zunächst erklärte er die Prozessschritte des Papierrecyclings, um dann auf die Eignung für das Deinking einzugehen. Fischer zeigte auf, dass ein Zusammenhang zwischen der Deinkbarkeit und dem Grad der Aushärtung besteht. Auch wenn UV-Druckfarbe zu Problemen führen kann, gibt es deinkbare LED-Farben und genau so kann der UV Inkjet deinkbar sein.
Am zweiten Tag wurde noch das Thema „Blauer Engel“ durch Gerald Walther vom Verband Druck und Medien Beratung vorgestellt. So lässt sich feststellen, dass das Umweltsiegel in der Bevölkerung bekannt ist, allerdings nur von wenigen Druckereien genutzt wird. Dies ist bestimmt auch dem geschuldet, dass die Beantragung einen gewissen Aufwand benötigt. Auch ging er darauf ein, dass der LED-UV-Rollenoffset neu für dieses Umweltzeichen zugelassen wurde. Zu den verschiedenen Anforderungen an das Verfahren zählt, dass verschmutztes Feuchtwasser als Abfall entsorgt oder Deinkingtests je Farbsystem durchgeführt werden müssen.
Rollenanwendung von UV-Technologie
In konkreten Beispielen berichteten die Vortragenden aus ihrem jeweiligen Alltag: zum einen die Herausforderungen von Farbumstellungen, zum anderen der Einsatz von UV-Druck bei einer Heatset-Druckerei und schließlich auch, wie Maschinenhersteller bei Problemen mit der Aushärtung helfen.
Die Einführung in das Thema gab Thomas Stumpf von SG Print Solutions. In seiner Präsentation erläuterte er die aktuellen Herausforderungen für Druckereien, wie gestiegene Produktionskosten, schrumpfende Auflagen, eine deutliche Minderauslastung sowie veränderte Anforderungen an die Produkte. Vor allem Heatset-Druckereien können durch die Umstellung auf eine UV-Härtung wettbewerbsfähiger werden. Geringerer Farbverbrauch, Einsparung bei Strom und CO2, keine Wellenbildung und geringe Makulatur sind die Vorteile. Differenziert ging er auch auf die Risiken ein, wie Investitionen in Umbau oder Anschaffung und höhere Farbkosten.
Alexander Hornen von Schaffrath schaute aus der Anwenderperspektive auf die Umstellung von Heatset auf UV-LED. Dabei stellte er die Erfahrungen und Herausforderungen dar, die dieser Wechsel mit sich gebracht hat. Im Ergebnis kam es zur Zertifizierung durch den Blauen Engel. Diese zeigt, dass mit dem Verfahren ressourcen-, umwelt- und klimaschonend produziert werden kann.
Aktuelle Projekte- und Anwendungsbeispiele stellte Wolfgang Hiesinger von manroland Goss für die Strahlenhärtung in der Rollenanwendung vor: von Buch- und Zeitungsdruck bis hin zur Verpackung, von UV-LED bis zur Elektronenstrahlhärtung. Als Vorteile identifizierte er je nach Anwendung die verkürzte Länge der Druckmaschine, die Möglichkeit u. a. kleinteilige Auflagen zu drucken und Makulatur einzusparen, den geringeren Farbauftrag sowie die höhere Automatisierung. Diese positiven Effekte können die Investitions- und höheren Kosten der Druckfarbe kompensieren.
Strahlenhärtung mal anders
Die zwei Vorträge beschäftigten sich mit Druckfarben für Elektronenstrahl (ESH)- und initiatorfreier UV-Härtung.
Die Frage, ob ESH-Druckfarben eine Alternative zu UV-Farben sind, beantwortete Dr. Jochen Schneider von Zeller+Gmelin mit einem klaren „Jein“. Vorteile sind unter anderem, dass die Elektronenstrahlhärtung ohne Photoinitiatoren funktioniert, eine konstante Härtungsleistung ermöglicht und einen geringeren Energiebedarf hat. Daneben ergeben sich aber Nachteile, wie die höheren Investitionskosten, dass das Substrat beschädigt werden kann und keine Zwischenhärtung möglich ist. Zusätzlich enthalten ESH-Druckfarben immer noch migrierfähige Stoffe und benötigen eine Konformitätsprüfung.
Als Ausgangslage für die Entwicklung eines initiatorfreien Härtungssystem gab Arnd Riekenbrauck von IST Metz neben den Einschränkungen und Verboten von Photoinitiatoren auch die schwierige Beschaffungslage an. Dabei wurde die Frage gestellt, ob die UV-Härtung von Beschichtungen ohne oder mit geringen Mengen von Photoinitiatoren möglich ist. Zum einen wurde nach einer geeigneten Lichtquelle gesucht, zum anderen chemische Untersuchungen durchgeführt. Das Ergebnis war eine neue Technologie, die durch die Reduktion von Photoinitiatoren weniger Migration und Geruch verursacht und im Gegensatz zur Elektronenstrahlhärtung keine Inertisierung benötigt.
Verbrauchsmittel
Dieser letzte Abschnitt des Symposiums führte breitgefächtert in verschiedene Materialien von Oligomeren über Elastomere bis zu Teststreifen ein.
Einen Einblick auf biobasierte Oligomere gab Kurt Troch von RadLab der Rahn Group. Zunächst zeigte Troch die Wichtigkeit auf. So drängen gewisse Industrien auf die Formulierung von Produkten mit einem bestimmten Anteil an biologisch erneuerbaren Stoffen. Auch lassen sich gleiche oder sogar bessere Ergebnisse erreichen. Daneben besitzen sie neue, interessante Eigenschaften, wie Flecken- und Witterungsbeständigkeit oder eine hohe Zugfestigkeit.
Reinhard Sommer von Böttcher ging auf Elastomer-Werkstoffe ein. Dabei erklärte er die unterschiedlichen physikalischen und chemischen Anforderungen an das Material. Eine große Herausforderung sind die Quellung und Schrumpfung der Elastomermaterialien. Aber auch die Probleme beim Tuch- und Walzwaschen oder das Verkleben im Druckwerk durch (partielle) Durchhärtung der UV-/LED-UV-Farben thematisierte er. Dabei betonte er, wie wichtig es sei, die richtigen Werkstoffe mit den richtigen Waschmitteln zu kombinieren.
Den Abschluss bildete Volker Selg von Dr. Hoenle. Zunächst stellte er dar, dass eine UV-Messung sinnvoll für die Qualitätskontrolle ist. Problematisch ist aktuell, dass es keine Normierung gibt. Eine Lösung bietet das mit der Universität Dresden entwickelte System, das mit Phosphoreszenz arbeitet. Dieses physikalische Messverfahren ermöglicht eine exakte und reproduzierbare Messung.
Einen kleinen Exkurs in die unterstützenswerte Kampagne „We love Print“ gab Thorsten Kinnen von Konica Minolta. Anschaulich legte er dem Publikum dar, wie wichtig es ist, ein Verständnis für die Bedeutung von Druck zu schaffen und dem „Verteufeln“ von Druckerzeugnissen entgegenzuhalten. In der Keynote näherte sich Jürgen Zietlow von der Inditiative UmDEX dem Thema Green Deal an. Dabei ging Zietlow darauf ein, welche Relevanz dieser für die grafische Industrie hat und wie wichtig gemeinsame Standards und Normen sind. Neben dem Umwelt- und Klimaschutz erstreckt sich der Green Deal auch über ökonomische Effekte, wie Energiesouveränität, Dezentralisierung und Regionalisierung. Nicht nur zu diesem Thema tauschten sich die Teilnehmenden in den Pausen und beim geselligen Abend aus. Über diese Gespräche hinaus bot das UV-Symposium ausreichend Möglichkeiten, sich mit den Referentinnen und Referenten, anderen Besucherinnen und Besuchern sowie Ausstellern zu unterhalten und zu netzwerken. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer freuten sich, bekannte Gesichter nach langen Jahren wieder persönlich zu sehen und neue Kontakte zu knüpfen.
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