Durch eine konsequente Nutzung von Rezyklaten als Bestandteil von Kunststoffprodukten können Emissionen (wie etwa CO2 oder der Eintrag von Makro- und Mikroplastik in Gewässer) und der Erdölbedarf drastisch reduziert werden. Allerdings gelingt diese nachhaltige Mehrfachnutzung der wertvollen Rohstoffe noch nicht an allen Stellen. Beispielsweise werde im Verpackungssektor aktuell nur ca. 11 % der Rezyklate für eine erneute Verpackungsherstellung verwendet. Verschiedene Faktoren erschweren dies, wie etwa die:
- begrenzte Verfügbarkeit von Qualitäten hoher Reinheit
- schwankenden Eigenschaften
- eingeschränkte Akzeptanz von Kunststoffrezyklaten
- mangelnde ökonomische Attraktivität des Rezyklateinsatzes
Diese Herausforderungen können Akteure in der Kunststoffbranche ohne starke Partner und ohne innovative Ansätze z. B. zur Material- und Prozessentwicklung nur unter großem Aufwand begegnen. In verschiedenen Forschungsprojekten untersucht das IKV Möglichkeiten, um die Wertschöpfungskette der Kunststoffrezyklate ganzheitlich zu optimieren.
Ganzheitliche KI-basierte Optimierung von Kunststoffverpackungen mit Rezyklatanteil
Ein solches Vorhaben ist der „KI-Anwendungshub Kunststoffverpackungen“, innerhalb dessen das IKV im Unterprojekt „KIOptiPack: Ganzheitliche KI-basierte Optimierung von Kunststoffverpackungen mit Rezyklatanteil“ mehrere Ziele verfolgt: Primär ist die Bereitstellung, Validierung und der Anwendungstransfer praxisreifer KI-gestützter Werkzeuge für das erfolgreiche Produktdesign sowie die qualitätsgerechte Produktion von Kunststoffverpackungen mit hohem Rezyklatanteil im Visier. Unterstützt wird dies durch einen KI-Anwendungs- und Datenraum und die Bildung einer zentralen Netzwerkplattform (die z. B. die Konsumenten und deren Verhalten einbezieht) für das Wertschöpfungsengineering.
Als ein konkretes Beispiel für ein KI-gestütztes Werkzeug sei die Compoundentwicklung genannt (Abbildung 1): An die Stelle eines „iterativen Herantastens“ an die gewünschte Viskosität des Compounds tritt die Nutzung von bestehenden Datenpunkten und – wo nötig – die Charakterisierung von Extrempunkten, während den Raum zwischen den Datenpunkt ein KI-Modell beschreibt. Dieses erreicht eine deutlich bessere Abbildungsgüte (R² = 0,97) als beispielweise eine Regressionsanalyse (R² = 0,60).
Dies illustriert, wie KI aus leicht zu erfassenden (oder bereits vorhandenen) Daten Mehrwert schaffen und Kunststoffverarbeitern großen Aufwand zur Findung der idealen Viskosität des Compounds ersparen kann, so dass sie keine Extra-Schichten schieben müssen.
Jedoch müssen bei Rezyklaten neben Verarbeitungseigenschaften wie der Viskosität auch Gebrauchseigenschaften betrachtet werden. So müssen geeignete Maßnahmen getroffen werden, um in Kunststoff verpackte Güter vor einer Kontamination durch eventuell in den Rezyklaten enthaltenen unerwünschten Stoffen zu schützen. Hier kommen Extra-Schichten anderer Art zum Einsatz:
Plasmabarrieren schützen verpacktes Gut
Eine vielversprechende Plattform für Barrieren ist eine Oberflächenbeschichtung durch plasmagestützte chemische Gasphasenabscheidung. Die abgeschiedenen Barrieren dienen auch der Verhinderung der Migration von Schadstoffen aus dem Rezyklingkunstoffe in das verpackte Gut (Abbildung 2). Jedoch war die Entwicklung solcher Plasma-Barrieren bisher aufgrund des analytischen Aufwandes bei der Bestimmung der Barriereperformance relativ langsam. Durch ein am IKV neu entwickeltes Verfahren, das auf innovative Modellkontaminanten und einen neuartigen Ansatz zu deren Einbringung in die Kunststoffe setzt, kann die Sperrwirkung in Zukunft deutlich schneller bewertet werden. Entsprechend wird auch die Optimierung der Plasma-Barrieren weniger Zeit in Anspruch nehmen, so dass dank dieser mit minimalen Emissionen Produktsicherheit erreicht werden kann – und das, ohne auf schlecht rezyklingfähige mehrschichtigen Kunststoffverbundfolien zurückgreifen zu müssen
Kreislaufwirtschaft beim 32. Internationalen Kolloquium Kunststofftechnik
Mit dem Thema Kreislaufwirtschaft und Rezyklateinsatz befassen sich beim Kolloquium die Session 2 (KI-getriebene Methoden zur Steugerung der PCR Nutzung), die Session 8 (Plasmabasierte Barrierebeschichtung für nachhaltige Verpackungen) sowie die Session 13 (Herausforderungen bei der Verarbeitung von PCR) mit jeweils einer Keynote aus der Industrie sowie zwei wissenschaftlichen Präsentationen aus dem IKV.
Bei „IKV 360° – Forschung live“ demonstrieren die wissenschaftlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen das Thema anschaulich an verschiedenen Stationen.
Das Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) ist das europaweit führende Forschungs- und Ausbildungsinstitut auf dem Gebiet der Kunststofftechnik. Aus einem ganzheitlichen Ansatz heraus erarbeitet das IKV neue Lösungen für die Kunststofftechnik der Zukunft. Dazu sind rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter 80 Wissenschaftler, 50 Verwaltungsangestellte und 180 studentische Hilfskräfte in Forschung und Entwicklung tätig.
Das IKV steht für die wissenschaftliche und praxisorientierte Forschung auf dem Gebiet der Kunststofftechnik, die Ausbildung Studierender der RWTH Aachen, die Förderung von Aus- und Weiterbildung im Handwerk und den Technologietransfer von Forschungsergebnissen in die industrielle Praxis.
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