Das Problem dabei ist, dass der Boa Web Server seit 2005 nicht mehr weiterentwickelt wird und damit bereits seit langem keinerlei Updates erhält, weder in Bezug auf den Funktionsumfang, noch in Bezug auf die Sicherheit der Software. Trotzdem wird die Software weiterhin von unterschiedlichen Herstellern genutzt, sei es in Geräten des Internet of Things oder in Software Development Kits (SDKs). Die weithin bekannten Sicherheitslücken von Boa Web Server betreffen daher auch weiterhin zahllose Geräte und bedrohen auch 17 Jahre nach der Einstellung des Programms die Cybersicherheit von Organisationen und Privatpersonen weltweit – wie beispielsweise in Indien.
Besonders der Einsatz von Boa Web Server in einigen beliebten SDKs ist problematisch, denn sie werden häufig für Geräte wie Router benutzt, die als Einfallstor bei Hackern beliebt sind, jedoch selten im Fokus der Sicherheitsmaßnahmen stehen. Ein typisches Beispiel sind die SDKs von RealTek, die in sogenannten System-On-Chips (SOCs) verwendet werden. Dabei sind alle oder zumindest ein Großteil der Funktionen eines Systems direkt auf einem Chip hinterlegt. Die RealTek-SDKs werden anderen Unternehmen zur Verfügung gestellt, die Netzwerk-Gateways wie Router, Access Points und Repeater herstellen. Ein kritischer Fehler CVE-2021-35395 betraf das Jungle SDK von RealTek, das eine auf Boa basierende Verwaltungsschnittstelle enthielt. Obwohl RealTek Patches für das SDK veröffentlicht hat, ist nicht sicher, ob und wann die Hersteller diese in ihre Firmware-Updates aufgenommen haben.
Werden die Schwachstellen von Boa Web Server ausgenutzt, können sich Angreifer Zugriff auf Netzwerke verschaffen, Informationen und Daten einsammeln oder sie in ein Botnet integrieren. Da viele Unternehmen sich überhaupt nicht bewusst sind, dass sie Geräte nutzen, bei denen der Boa Web Server zum Einsatz kommt, dürfte sich das Problem auch nicht so einfach beheben lassen. Hinzu kommt, dass selbst wenn Patches vorhanden sind, wie bei dem RealTek SDK, es bei weitem nicht sicher ist, dass die Hersteller diese auch in ihre Firmware-Updates integrieren. Zu guter Letzt müssen diese dann auch noch von den Nutzern durchgeführt werden, was gerade bei vielen IoT-Geräten gar nicht so einfach ist.
Der Fall zeigt deutlich, dass die Lieferketten von Software und elektronischen Geräten immer noch anfällig für Störungen sind. So können sich völlig veraltete Software-Bestandteile über Jahrzehnte in Geräten widerfinden und dort die Sicherheit beeinträchtigen. Hinzu kommt das Problem der Sicherheitsupdates. Denn je mehr Unternehmen und Menschen daran beteiligt sind, diese bereitzustellen und durchzuführen, desto unwahrscheinlicher wird es, dass eine Sicherheitslücke zeitnah geschlossen werden kann.
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