Batteriepacks für Elektrofahrzeuge sind aufgrund der hohen Menge benötigter Batteriezellen aktuell sehr schwer, wenn die geforderten hohen Reichweiten jenseits von 500 Kilometer erreicht werden sollen. Die mechanische Struktur um die Zellen, wie Zellhalter und insbesondere das gegenwärtig aus Aluminium oder Stahl hergestellte Gehäuse, addieren sich neben den elektrischen Komponenten zu einem hohen Gesamtgewicht von mehreren Hundert Kilogramm. So kann je nach Fahrzeugdesign die mechanische Struktur des Batteriepacks mehr als 30 Prozent von dessen Gesamtmasse ausmachen. »Um die gravimetrische Energiedichte zu erhöhen, ohne die Zelltechnik verändern zu müssen, ist es somit naheliegend, die notwendigen mechanischen Strukturen der Batteriepacks leichter zu bauen«, betont Dr. Felix Weidmann, der das Forschungsprojekt am Fraunhofer LBF betreut. Ein deutliches Leichtbaupotential sieht er in der gezielten Nutzung von Faser-Kunststoff-Verbunden (FKV): »Jedoch müssen Lösungen kostenmäßig wettbewerbsfähig sein und den kritischen Aspekt des Brandwiderstands berücksichtigen.«
Fertigung in zwei Minuten
Vor diesem Hintergrund hat das Forscherteam des Fraunhofer LBF ein Leichtbau-Batteriepackgehäuse aus Endlosfaser verstärkten Thermoplasten im Sandwichaufbau hergestellt und nutzte dazu ein neuartiges Verfahren, das den hocheffizienten Schaumspritzguss mit thermoplastischen FKV kombiniert. Dieses sogenannte In-Situ FKV-Sandwich-Verfahren ermöglicht die Herstellung fertiger Leichtbau-Batteriegehäuse innerhalb von rund zwei Minuten ohne Nachbearbeitung.
Darüber hinaus lassen sich Funktionen, wie die thermische Isolationsfähigkeit des hergestellten Batteriegehäuses, im gleichen Prozessschritt integrieren, was mit klassischen metallischen Konstruktionsmaterialien und Fertigungsverfahren nicht möglich wäre. Durch die Wahl geeigneter Flammschutzmittel und Strukturen ist ein hoher Widerstand gegenüber offenen Flammen sowie thermischen Energieeinträgen erzielbar, wie sie etwa bei einem möglichen Zellbrand oder den UN ECE R100 Prüfungen auftreten können.
Materialkosten deutlich reduziert
Das Leichtbau-Batteriepack ist aufgebaut aus einem Gehäuse sowie Zellhaltern aus Faserverbundwerkstoffen. Dabei besteht das Gehäuse aus UD-Tapes von SABIC, welche zunächst verwoben und anschließend konsolidiert werden. Das sich aus diesem Prozessschritt ergebende Schachbrettmuster-Laminat wird anschließend vorgeformt und in ein speziell entwickeltes hybrides Schaumspritzgusswerkzeug beidseitig eingelegt. Durch die gezielte Injektion eines Integralschaums zwischen die Laminate entsteht auf diese Weise das Gehäuse mit Faserverbunddecklagen und einem Schaumkern. Diese beanspruchungsgerechte Sandwichkonstruktion führt zu höchsten gewichtsspezifischen mechanischen Eigenschaften und reduziert gleichzeitig den Materialeinsatz der verwendeten Faserverbund-Laminate. Die damit einhergehende Verringerung der Materialkosten führt in Kombination mit den sehr kurzen Zykluszeiten zu geringen Bauteilkosten.
Darüber hinaus ist dieses Verfahren geeignet auch andere Anwendungsbereiche und deren Anforderungen abzudecken, da verschiedenste Faserverbundmaterialien und Kunststofftypen kombiniert und angewandt werden können.
Neben dem Verfahren zur effizienten Fertigung der Batteriegehäuse als Faserverbund-Sandwich Konstruktion entwickelten die Darmstädter Forscherinnen und Forscher auch simulationsgestützte Methoden, mit denen sich die Fertigungsqualität vorhersagen und somit die Vorauslegung sowie Fertigung deutlich vereinfachen lässt.
Das Projekt wurde gefördert durch die Europäische Kommission innerhalb des Förderprogramms H2020 (H2020-GV-2016-2017/H2020-GV-2017).
Das Fraunhofer LBF in Darmstadt steht seit über 80 Jahren für Sicherheit und Zuverlässigkeit von Leichtbaustrukturen. Mit seinen Kompetenzen auf den Gebieten Betriebsfestigkeit, Systemzuverlässigkeit, Schwingungstechnik und Polymertechnik bietet das Institut heute Lösungen für drei der wichtigsten Querschnittsthemen der Zukunft: Systemleichtbau, Funktionsintegration und cyberphysische maschinenbauliche Systeme. Im Fokus stehen dabei Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen wie Ressourceneffizienz und Emissionsreduktion sowie Future Mobility, wie die Elektromobilität und das autonome, vernetzte Fahren. Umfassende Kompetenzen von der Datenerfassung realen betrieblichen Feldeinsatz über die Datenanalyse und die Dateninterpretation bis hin zur Ableitung von konkreten Maßnahmen zur Auslegung und Verbesserung von Material-, Bauteil- und Systemeigenschaften bilden dafür die Grundlage. Die Auftraggeber kommen u.a. aus dem Automobil- und Nutzfahrzeugbau, der Schienenverkehrstechnik, dem Schiffbau, der Luftfahrt, dem Maschinen- und Anlagenbau, der Energietechnik, der Elektrotechnik, der Medizintechnik sowie der chemischen Industrie. Sie profitieren von ausgewiesener Expertise der gut 400 Mitarbeiter und modernster Technologie auf mehr als 17 900 Quadratmetern Labor- und Versuchsfläche.
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