Heute schon Filme gestreamt? Mit Alexa gesprochen? Oder den Saugroboter im Einsatz gehabt? Künstliche Intelligenz macht’s möglich, sie ist ein unsichtbarer Helfer im Alltag. Ihre Einsatzbereiche sind vielfältig – ein besonders wichtiger ist die Medizin, beispielsweise bei der Auswertung medizinischer Daten. Hier kommt auch das Forschungsvorhaben von Prof. Dr. André Mastmeyer ins Spiel. Mithilfe von Methoden des Machine Learning möchte der Informatiker neue Lösungsansätze sowohl in der bildgestützten medizinischen Diagnostik als auch in der Qualitätskontrolle von materialwissenschaftlichen Volumenbildern (3D/4D) erarbeiten. Machine Learning, im Deutschen Maschinelles Lernen, ist ein Teilbereich der Künstlichen Intelligenz. Durch das Erkennen von Mustern auf Basis vorhandener Datenbestände sind IT-Systeme in der Lage, Lösungen zu entwickeln. „Aufgrund der Analyse von mehrdimensionalen Bilddaten, beispielsweise Aufnahmen von menschlichem Gewebe oder Gefäßstrukturen, können Anomalien entdeckt werden“, erläutert Mastmeyer. Zur bildgestützten Unterscheidung von gut- oder bösartigen Veränderungen möchte er spezielle Algorithmen entwickeln, die mit entsprechenden Datensätzen trainiert werden. Hierfür kooperiert der Wissenschaftler auch mit dem Ostalb-Klinikum Aalen, das Bilddaten aus der Pathologie zur Verfügung stellen wird. Darüber hinaus denkt der Forscher auch an neue digitale Virtual Reality Lehrformate für die klinische Praxis. „Patienten können dreidimensional vermessen werden und dadurch als Modelle dienen. So kann der medizinische Nachwuchs anormale von normalen Strukturen unterscheiden oder anschaulich medizinische Interventionen lernen“, sagt Mastmeyer und fügt enthusiastisch hinzu: „Das Forschungsprofil der Hochschule Aalen lässt sich damit weiter ausbauen.“
Die Liebe zur Informatik zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben von André Mastmeyer, der schon als jugendlicher Autodidakt ein großes Faible für mathematische Rätsel, Schach, Computer und Programmieren hatte. „Angefangen hat alles mit meinem Onkel, der bereits Ende der 70er Jahre einen Computer in seiner Wohnung stehen hatte“, erinnert sich der heute 47-Jährige. Der technikaffine Onkel war Ingenieur bei Bosch und hatte sich auch zu Hause ein kleines Labor zum Rumtüfteln eingerichtet. „Seine Experimente fand ich total faszinierend und haben meine Leidenschaft für Naturwissenschaften entfacht. Für mich war er eine Art Daniel Düsentrieb, ein Erfindertyp“, erzählt Mastmeyer begeistert. Vom Bau von Elektronikschaltungen mit dem Lötkolben in der Hand bis zur Computertechnik und dem Programmieren war es dann nicht mehr weit. Klar, dass André Mastmeyer auch selbst einen Computer in seinem Zimmer stehen haben wollte. „Ich hab‘ dann bei Wind und Wetter Zeitungen ausgetragen und mir so einen Commodore 64 zusammengespart. Damit konnte ich dann endlich auch selbst Basic und Maschinensprache programmieren, beispielsweise die grafische Darstellung von kleinen Spielfiguren, die sich bewegen“, sagt der Informatiker und lacht.
Das Thema Bildverarbeitung, vor allem im medizinischen Bereich, ist das große Interesse von Mastmeyer. „Ich bin ein visueller Typ, ein Augenmensch“, so der Wissenschaftler, der in seiner Freizeit ein leidenschaftlicher Fotograf ist. Nach seinem Studium der Medizininformatik an der Universität Hildesheim promovierte André Mastmeyer in Erlangen-Nürnberg am Lehrstuhl für Medizinische Physik und arbeitete anschließend als Unternehmensberater bei IBM und für fünf Jahre bei Siemens im Bereich Healthcare. Doch aus der freien Wirtschaft zog es ihn wieder in die Wissenschaft zurück. Er habilitierte sich an der Universität zu Lübeck in Medizinischer Informatik und war auch Harvard-Research-Fellow an der berühmten Harvard Medical School in Boston.
„Mich hat schon immer die Anwendung interessiert, der praktische Nutzen von neu entwickelten Grundlagen. Der Transfergedanke ist mir sehr wichtig“, betont Mastmeyer. Durch die angewandte Wissenschaft „Medizin-Informatik“ könne man viele Krankheiten früher erkennen und besser behandeln, ja sogar Leben retten. Als an der Hochschule Aalen eine Professur im Studiengang Digital Health Management ausgeschrieben war, musste Mastmeyer nicht lange überlegen: „Das ist genau die Richtung, die ich einschlagen wollte. Die digitale Transformation wird im Gesundheitswesen große Fortschritte für das Patientenwohl bringen – und wir als eine der deutschlandweit forschungsstärksten Hochschulen für angewandte Wissenschaften sind mit dabei.“ Dass er jetzt mit den 40.000 Euro des EXPLOR-Förderprogramms seine eigene Forschungsgruppe aufbauen könne, sei eine „super Chance“.
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