Dr. Reinmuth, gerade in der Therapie von Lungenkrebs gibt es bahnbrechende Neuigkeiten. Welche sind dies?
Vielversprechend sind derzeit primär drei Neuerungen im Bereich der Gen-, Tabletten und Immuntherapie: Bei 15 bis 20 Prozent der Lungenkrebspatienten – unter den Nie-Rauchern sogar 50 Prozent – wurden molekulare Veränderungen entdeckt, die eine Therapie mit Tabletten oder auch Antikörper-Infusionen möglich machen. Die Therapie ist enorm erfolgreich, wirksamer als Chemo und natürlich wesentlich besser verträglich. Entscheidend: Nicht nur die Lebensqualität verbessert sich, sondern auch die Lebensdauer. Mit den Tablettentherapien hat ein Patienten mit nicht kleinzelligem Lungenkarzinom und Metastasen eine Lebenserwartung von weit über fünf Jahren. Mit normaler Chemo liegt sie bei zehn bis 14 Monaten.
Eine weitere Revolution ist die Immuntherapie , die gerade auch bei Rauchern funktioniert. Dabei wird nicht der Tumor, sondern das Immunsystem behandelt. Vereinfacht gesagt geht es darum, dass die neuen Therapien den Tarnmechanismus der Tumorzelle „Immunsystem, ich bin dein Freund, deshalb bekämpfst du mich nicht“ausschalten. Das Ergebnis ist, dass die T-Zellen des Immunsystems den Tumor wieder bekämpfen.
Gibt es Einschränkungen in der Anwendung?
Ja, die gibt es. Bei den Tablettentheapien muss zunächst die molekulare Veränderung nachgewiesen werden. Diese Untersuchung muss aber erst einmal in Auftrag gegeben und durchgeführt werden, wobei das Ergebnis nicht immer abgewartet werden kann. Auch bei den Immuntherapien gibt es manchmal Einschränkungen wie beispielsweise bei vorbestehenden Autoimmunerkrankungen.
Was heißt das konkret für die Patienten? Lebensverlängerung- oder Heilung?
Eine Heilung ist im späten Tumorstadium aktuell leider unrealistisch – auch wenn das manche Politiker anders sehen möchten. Wir sind sehr froh, dass wir bei einigen Patienten eine deutliche Lebensverlängerung bei guter Lebensqualität schon heute erreichen können und hoffen, dass wir diesen Anteil von Patienten in Zukunft noch steigern können. Der Weg dahin führt über die klinische Forschung, also dem Durchführen klinischer Studien weltweit.
Wo denken Sie, wird die Lungenkrebstherapie in 5 Jahren stehen?
Wir werden hoffentlich noch bessere Behandlungsmöglichkeiten haben und bei mehr Patienten eine deutliche Lebenverlängerung erreichen können. Insgesamt wird die Behandlung immer komplexer, aber auch individueller. Es gilt schon heute, die beste therapeutische Strategie für den einzelnen Patienten zu finden. Dieser Anspruch wird noch wichtiger werden. Ich hoffe und erwarte, dass wir in 5 Jahren nicht nur mehr Therapien sondern vor allem auch mehr Hinweise kennen, an denen wir die beste Therapiestrategie ausrichten können.
Wie häufig wenden Sie die neuen Therapien in der Asklepios Lungenfachklinik in Gauting an?
Gerade im letzten Jahr gab es zahlreiche Neuerungen in den Standardtherapien, so dass heute die ganz überwiegende Mehrzahl von Patienten bereits mit diesen neuen Therapien behandelt werden. Es hängt aber ganz vom individuellen Tumor ab, welche neuen Therapien zum Einsatz kommen können. Durch das Angebot möglichst vieler klinischer Studien versuchen wir zudem, unseren Patienten schon heute neue Therapieverfahren anbieten zu können, die möglicherweise dann die Standardtherapie der Zukunft werden. So haben unsere Patienten idealerweise die Auswahl: Zwischen dem besten Standard von heute oder den hoffnungsvollen Therapien der Zukunft.
Wir sind die größte Lungenfachklinik in Bayern und zählen deutschlandweit zu den fünf führenden Fachkrankenhäusern. Mit 268 Betten und jährlich über 10.000 stationär behandelten Patienten sind wir groß genug für modernste Spitzenmedizin und klein genug für familiäre Atmosphäre. Unsere Spezialisten der Pneumologie, Thoraxchirurgie sowie Intensiv-, Schlaf- und Beatmungsmedizin sind deutschlandweit bekannt und mehrfach ausgezeichnet – zuletzt vom Nachrichtenmagazin Focus als "Top nationale Klinik für Lungenkrebs" und "Top regionales Krankenhaus".
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