Die Anonymität des Internets verleitet Menschen oft dazu, andere Nutzer zu attackieren, zu beleidigen und zu diffamieren – und das in einer Art und Weise, wie sie es sich in der realen Welt niemals trauen würden. Doch wer seinen Aggressionen gegen bestimmte Personen, benachteiligte Gruppen und Minderheiten freien Lauf lässt, muss auch im Internet mit Konsequenzen rechnen, denn immer weniger Nutzer sehen den Hassreden stumm und tatenlos zu. „Unter dem Oberbegriff ‚Hate Speech‘ werden verschiedenste Phänomene zusammengefasst: Sexismus, Rassismus, Mobbing und Antisemitismus zählen genauso dazu wie die Diskriminierung von bestimmten sozialen Schichten oder von Behinderten. Auch Äußerungen gegen die LBGTQ-Community zählen zu Hate Speech“, erklärt Götz Schartner vom Verein Sicherheit im Internet e.V., einem Mitveranstalter von SpardaSurfSafe.
Einer Studie der Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen zufolge sind rund 96 Prozent der 14- bis 24-Jährigen bereits mit Hate Speech im Internet in Kontakt gekommen, wenn auch nicht unbedingt als Opfer. Darüber hinaus ergab die repräsentative Umfrage, dass Hasskommentare immer häufiger wahrgenommen und nicht mehr ohne weiteres akzeptiert werden. „Sogenannte ‚Counter Speech‘, also eine Gegenrede gegen die Hetzer, lässt sich mittlerweile häufig beobachten. Sie kann von den Opfern direkt kommen, viel häufiger sind es jedoch außenstehende Beobachter, die sich zu Wort melden und die Hater in ihre Schranken verweisen“, erläutert Schartner. Counter Speech sei wichtig, denn so würden die Opfer merken, dass sie nicht allein seien und Unterstützung hätten. Auch sei wichtig, dass man einen Hasskommentar nicht einfach unkommentiert stehen lasse, sondern durch die eigene Kritik in einen Kontext setze. Dabei sollte man jedoch darauf achten, nicht selbst ausfallend zu werden, denn sonst kann die gutgemeinte Einmischung böse Konsequenzen haben, wie beispielsweise eine Anzeige wegen Verleumdung oder Beleidigung.
Einen eigenen Straftatbestand namens „Hate Speech“ gibt es in Deutschland nicht, allerdings lassen sich in vielen Fällen andere Delikte auf einen konkreten Fall anwenden. „Von Volksverhetzung und Bedrohung über Beleidigung bis hin zu falschen Verdächtigungen und Verleumdung oder Gefährdung des Jugendschutzes – man muss im Einzelfall sehen, was zutreffen könnte und ob man dann Anzeige erstatten kann“, sagt Schartner. Beratung bieten hier verschiedene Initiativen und Infoseiten im Netz. Darüber hinaus ist seit dem 01. Oktober 2017 das Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Kraft, das die Betreiber sozialer Netzwerke in die Pflicht nimmt. Sie müssen innerhalb von 24 Stunden aktiv werden und strafbare Inhalte, die ihnen gemeldet wurden, löschen. „Alle kommerziellen sozialen Netze haben eine Funktion, über die sich Beiträge mit wenigen Klicks melden lassen. Diese Möglichkeit kann man auch dann nutzen, wenn man vielleicht nicht den Mut hat, mit einem Kommentar dagegenzuhalten“, betont Schartner.
Ein großes Problem beim Thema Hate Speech ist die Entscheidung, wo diese anfängt und bis zu welchem Punkt es sich um eine legitime freie Meinungsäußerung handelt. „Die Übergänge sind hier fließend. Nicht alles ist auch juristisch relevant und was der eine bereits als Hassrede empfindet, ist für den anderen ein Kinkerlitzchen. Hinzu kommen sarkastische und ironisch gemeinte Beiträge. Wörtlich genommen kann das auch ganz schnell als Hate Speech ausgelegt werden. Daher ist der Umgang mit diesem Thema auch oft so schwer“, sagt Schartner. Wenn es sich jedoch eindeutig um Hate Speech handelt, sollte jeder aktiv werden, entweder indem er dagegen argumentiert oder indem er den Beitrag zumindest meldet. In besonders krassen Fällen, in denen beispielsweise zu einer Straftat aufgefordert wird, sollte man auch Anzeige erstatten, damit sich der Hass im Netz nicht weiter ausbreitet.
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