Was können Manager heute tun, um von den Entwicklungen im Bereich Artificial Intelligence zu profitieren? Die Ausgangsvoraussetzungen für einen Start sind günstig. KI-Systeme sind soweit entwickelt, dass sie mit überschaubarem Aufwand und zu vertretbaren Kosten genutzt werden können, und die Entwicklung ist noch nicht soweit fortgeschritten, dass jedes Anwendungsfeld mit KI besetzt wäre. Wer jetzt startet, gehört zwar nicht mehr zu den Pionieren, muss aber auch nicht mehr alle Kinderkrankheiten der Technologie bewältigen und hat immer noch gute Chancen, in einem Anwendungsfeld bahnbrechende Lösungen auf den Markt zu bringen. Diese sieben Initiativen können heute helfen, das Geschäft von morgen aufzubauen.
1. Raum für Experimente schaffen
In der Regel findet die Nutzung von KI über Webservices und nicht über lokal installierte Systeme statt. Das hat viele Vorteile: vernachlässigbare Investitionskosten, kein Aufwand für Systempflege, kein Eingriff in die interne IT. Auf dieser Basis kann jedes Unternehmen damit beginnen, eigene Experimente mit KI zu starten. Am besten ist es, ein kleines Team aufzusetzen. Daraus können langfristig interne Servicebereiche entstehen, die für Fachabteilungen den Einsatz von KI mit kleinen Anwendungen testen und bei positivem Ausgang der Experimente den Weg zur Produktivlösung bahnen.
2. Routinetätigkeiten identifizieren und KI testen
Routinetätigkeiten sind oft ungeliebt und viele tragen noch nicht einmal zu Wertschöpfung bei. Sie durch KI-Routinen zu ersetzen, ist ein immenser Effizienzgewinn. Diese Entwicklung läuft im Bereich der Produktionsautomatisierung bereits seit Jahren. KI bietet aber noch weitaus mehr Möglichkeiten, nämlich die Entlastung von Routinetätigkeiten im hochqualifizierten Bereich, die bisher oftmals gar nicht als automatisierbar angesehen wurden, zum Beispiel die die Beantwortung von Kundenanfragen, die Auswertung von Gesetzestexten, Begutachtung Bildgebenden Diagnoseverfahren etc. Die Kunst besteht darin, erst einmal zu identifizieren, welche Tätigkeiten für diesen Sprung geeignet sind. Eine gute Zusammenarbeit des KI-Experimentierteams mit den Fachabteilungen kann zu schnellen und oft erstaunlichen Lösungen führen. Das vernichtet keine Arbeitsplätze und wertet die Rolle des Menschen deutlich auf: vom Abarbeiter zum Experten und Kreativen.
3. Softwareentwicklung auf KI umstellen
Für gestandene Entwickler mag es brutal klingen, aber der Weg ist klar: Systementwicklung auf Basis von Algorithmen wird in Zukunft eher die Ausnahme sein. In den meisten Fällen wird es besser sein, ein KI-System aufzusetzen und via Maschinellem Lernen zu trainieren. Das geht erheblich schneller, kostet weniger, liefert – zumindest, wenn ausreichend Trainingsdatensätze in guter Qualität vorliegen –bessere Ergebnisse und passt sich leichter künftigen Entwicklungen an. Es ist der nächste Schritt von agiler hin zu evidenzbasierter Entwicklung.
4. Trainings-, Bewertungs- und Entscheidungskompetenz aufbauen
Der Vorteil von KI ist, große und komplexe Datenmengen sehr schnell zu analysieren, Muster zu erkennen und Ähnlichkeiten zu finden. Im Allgemeinen geht ein drastischer Reduktionsprozess der Analyse voraus, der im ungünstigsten Fall zu Fehleinschätzungen durch KI führt. Das kann dramatische Konsequenzen haben, wie die Unfälle mit Tesla-Autopiloten gezeigt haben. Daher sollte sich jedes Unternehmen ein Regelwerk geben, in dem folgende Punkte festgelegt werden
– Anwendungs- und Ausschlussszenarien für KI
– Qualitätskriterien für Training und Trainingsdaten für KI-Anwendungen
– Differenzierung, in welchen Fällen KI welche Tätigkeiten übernimmt: nur Analyse; Analyse und Bewertung; Analyse, Bewertung und Entscheidung; Analyse, Bewertung, Entscheidung und Handlung
Daneben sollte es Qualifikationsangebote für den Einsatz und den Umgang mit KI geben, nicht nur für operative Mitarbeiter, sondern gerade auch für Manager bis zur Unternehmensspitze. Nur, wer versteht, was KI leisten kann und welche Begrenzungen und Fehlermöglichkeiten existieren, kann sie konsequent zum Vorteil des Unternehmens einsetzen.
5. Das Geschäftsmodell auf Chancen für prädiktive Ansätze prüfen
KI schafft die Grundlage Ereignisse vorauszusagen und darauf vorbeugend oder zumindest frühzeitig zu reagieren. Predictive Maintenance ist das zurzeit am meisten diskutierte Konzept. Darüber hinaus gibt es viele weiter Ansatzpunkte, wie Erkennen von und Reagieren auf Markttrends, Produktionsüberwachung und vieles mehr. Es ist spannend, das eigene Geschäftsmodell dahingehend zu überprüfen, inwieweit Analytik und Vorausschau einen eigenen Wertbeitrag leisten können. Manchmal gibt es Daten, die vorhanden sind, die aufbereitet als eigener Service verkauft werden können. Manchmal sind die Verfahren vorhanden, die Daten aber nicht oder nicht ausreichend. Dann können Datenpartnerschaften helfen.
6. Neue Geschäftsmodelle entwickeln
KI bietet eine unüberschaubare Möglichkeit, ganz neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Dort wo sie in das Geschäftsmodellportfolio eines Unternehmens passen, lohnt es sich, sie auszuprobieren. Das ist mit überschaubarem Aufwand möglich. Hier ein paar Anregungen. Die Liste kann beliebig fortgesetzt werden
– Persönliche Assistenten für bestimmte Aufgaben
Alexa, Siri und Co sind erst die Vorläufer. Es wird in den nächsten Jahren eine ganze Reihe neuer Assistenten mit sehr unterschiedlichem Fertigkeitenspektrum geben.
– Cyber Behaviour Design
Wie humanoid darf oder muss ein System sein? Je mehr Menschen mit intelligenten Maschinen interagieren, desto wichtiger ist es, dass das Verhalten der Maschinen designt wird. Schnelligkeit und Perfektion von KI-Systemen schreckt oftmals ab. Sie müssen lernen, sich menschenähnlicher zu verhalten. Auf der anderen Seite ist zu menschliches Verhalten auch nicht immer sinnvoll. Es kann Angst machen. Um das zu designen, wird es Spezialisten geben.
– Data Trust Center / Data Broker
Eigene Daten zu analysieren ist gut. Viele Daten aus vielen Quellen zu analysieren bringt erheblich mehr Vorteile, wie zum Beispiel Vernetztes Maschinelles Lernen. Die Bereitschaft Daten zu teilen ist jedoch – aus gutem Grund – begrenzt. Sie ist aber gerade in Feldern wie der Gesundheitsversorgung erfolgsentscheidend. Gelingen können Austausch und Zusammenarbeit auf Datenbasis nur, wenn sich Data Trust Center und Data Broker mit sehr hohem Vertrauensniveau etablieren, die Zugänge, Anonymisierungsgrade und die Verwendung von Daten kontrollieren.
– Anbieter Intelligenter Autonomer Systeme
Der Markt ist noch längst nicht gesättigt. Wer heute einen Service im Bereich Komplexe (Prädiktive) Analytik, Cognitive Computing, Affective Computing, Entscheidungsunterstützung, personalisiert Nutzererlebnisse oder ähnlichem entwickelt, der Anwendern einen echten Nutzen liefert, wird gute Marktchancen vorfinden. Es kann ein Markt mit ähnlicher Dynamik wie der der mobilen Apps entstehen.
7. Kontinuierlich messen
Alle genannten Punkte sind Experimente, die evaluiert werden müssen. Schnelle Zyklen von Experimenten, Auswertungen und Anpassungen der Idee sollten zum Standard im Unternehmen werden, wo es darum geht, KI zu testen. Die Aufgabe, Resultate kontinuierlich zu überprüfen, kann dem Experimentier-Team unter Punkt 1 übertragen werden.
Grenzen und Herausforderungen: Intransparenz und mangelndes Vertrauen
Natürlich ist die Entwicklung noch nicht abgeschlossen und es sind noch viele Hürden zu nehmen und Hindernisse zu beseitigen, bis KI in jedem Anwendungsfall reibungslos funktioniert. Zwei aktuelle Herausforderungen, die nicht technischer Natur sind, aber über das Gelingen von KI entscheiden, möchte ich besonders herausstellen.
Das ist erstens die Intransparenz Künstlicher Intelligenz. Es ist eine Standardszene in vielen Krimis. Die geniale Ermittlerin überführt den Täter und legt noch einmal feingliedrig dar, wie es ihr durch geschickte Kombination der einzelnen Indizien, durch Profiling und Schlussfolgerungen gelungen ist, ihn zu überführen. Das kann KI nicht. Derzeit funktioniert sie als Black Box. Sie wird mit Daten trainiert und liefert anschließend Ergebnisse, die oftmals erstaunlich sind. Sie kann aber nichts dazu sagen, wie und warum sie zu den Ergebnissen gekommen ist. Nachvollziehbarkeit kann KI heutzutage nicht bieten. Je strategischer KI eingesetzt wird, desto größer ist jedoch die Notwendigkeit, Entscheidungen oder Entscheidungsempfehlungen begründen zu können. Hier ist Nacharbeit der KI-Entwickler gefordert.
Der zweite kritische Faktor ist mangelndes Vertrauen. Die letzten Datenskandale haben das Vertrauen in Datenverarbeitung und insbesondere Datensammler und -verarbeiter weiter untergraben. Es werden sicher nicht die letzten Skandale gewesen sein. Dabei ist nicht nur ein Vertrauen von Bürgern und Kunden in datenverarbeitende Unternehmen wichtig, sondern auch ein Grundvertrauensverhältnis zwischen Unternehmen, um Daten teilen und gemeinsam nutzen zu können. Daran müssen Unternehmen selbst arbeiten und Maßnahmen entwickeln, die sie zu vertrauenswürdigen Geschäftspartnern machen. Auch eine Professionalisierung und Externalisierung der Vertrauensfunktion wie oben im Geschäftsmodellbeispiel „Data Trust Center / Data Broker“ dargestellt, kann dabei helfen.
Fazit
Die Zukunft wird durch Künstliche Intelligenz geprägt sein und sie hat gerade erst angefangen. KI zu nutzen ist keine Hexerei und kostet kein Vermögen mehr. Es ist Zeit, mit Experimenten zu starten, schnell zu lernen und mit dem Trend zu wachsen.
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