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Kein Ladestress: Energieoptimale Routenplanung lässt Elektrofahrzeuge sicher ankommen

Für viele Fahrer von Elektrofahrzeugen sind es die zentralen Fragen: Wie weit bringt mich die Batterie und wo kann ich sie möglichst schnell wieder aufladen? Die Ergebnisse eines Forschungsprojektes am Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF im Rahmen des Verbundvorhabens „DieMo RheinMain“ sorgen nun für Entspannung. Schon vor Beginn der Reise können Nutzer von Elektrofahrzeugen in Zukunft mit einem Online-Routenplaner wichtige Informationen über ihren Verbrauch oder ihre Reichweite erhalten.

Mit dem kostenfreien Routenplaner www.vielmobil.info können sich Nutzer anhand aktueller und prognostizierter Verkehrszustände verkehrsmittelübergreifend eine Route im Rhein-Main Gebiet auswählen. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierten Verbundvorhabens DieMo RheinMain erweitern die Projektpartner ivm GmbH, Betreiber der Informationsplattform, und das Fraunhofer LBF den Routenplaner gemeinsam um den Baustein Elektrofahrzeug. Damit lassen sich diese Fahrzeuge mit ihren speziellen Anforderungen wie Restreichweite der Batterie und Lademöglichkeiten in die Routenplanung einbeziehen. Für die Reichweite wird eine Verbrauchsberechnung für Elektrofahrzeuge hinterlegt, um energieeffizient vom Start- an den Zielort zu gelangen. Energieeffizientes Routing heißt zweierlei: Zum einen kann sich der Nutzer, beispielsweise mit Angaben zu Beladung oder Startzeit – und damit verbunden dem Verkehrsaufkommen -, die Verbrauchswerte seines Elektrofahrzeugs für die jeweilige Strecke kalkulieren lassen. Und er kann sich die Route mit dem niedrigsten Energieverbrauch berechnen lassen.

Unterschied zwischen Labor und Straße

Eine mangelnde Ladeinfrastruktur und die Ladezeiten machen die Reichweite nach wie vor zum Knackpunkt der Elektromobilität. Für jedes Elektrofahrzeug geben Hersteller einen allgemeinen Verbrauchswert in Kilowattstunden pro 100 Kilometer (kWh/100 km) an, den sie unter definierten Bedingungen im Labor auf dem Prüfstand ermitteln. Aus dem Verbrauchswert und dem aktuellen Ladezustand der Batterie ergibt sich dann die voraussichtliche Reichweite des E-Fahrzeuges.

Die Verbrauchsangaben der Hersteller ermöglichen zwar einen generellen Vergleich von verschiedenen Fahrzeugen untereinander. Allerdings bedeuten die idealisierten Laborbedingungen, dass im echten Betrieb auf der Straße Abweichungen auftreten, abhängig beispielsweise von der Außentemperatur, der Beladung oder der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit. Die zugrundeliegenden Geschwindigkeiten für die Herstellerangaben sind stark verallgemeinert. Daher bilden sie realistische Geschwindigkeitsprofile nicht ausreichend ab.

Abhilfe schafft hier eine modellbasierte Verbrauchsberechnung des Fraunhofer LBF. Dort fließen Angaben zum Fahrzeugtyp, Beladung, Außentemperatur, Geschwindigkeitsverlauf in Abhängigkeit von der Strecke und vom Verkehrsaufkommen sowie die Steigung im Streckenverlauf ein. Die Verbrauchsangabe beruht auf einer Simulation, in der sich komplexe mathematische Gleichungssysteme verbergen, die das entsprechende physikalische Verhalten des Fahrzeuges beziehungsweise der entsprechenden Bauteile beschreiben.

Im Rahmen des Projektes DieMo RheinMain hat das Fraunhofer LBF im Simulationsprogramm Matlab/Simulink ein Fahrzeugmodell für die Verbrauchsberechnung aufgebaut und unterschiedliche Modellierungsansätze untersucht. Das Modell bildet die wesentlichen Verbraucher von den Fahrwiderständen bis zu den Antriebsstrangverlusten ab. Es berücksichtigt auch Heizung, Klimaanlage und andere geringere Nebenverbraucher. In einer sogenannten Rückwärtssimulation liefert das Modell als Ergebnis einen Energieverbrauch bei vorgegebener Geschwindigkeit.

Messfahrten zum Realitäts-Check

Um realistische Werte abzubilden, unternahmen die LBF-Wissenschaftler zahlreiche Messungen mit unterschiedlichen Elektrofahrzeugen und verglichen diese mit den Teilergebnissen der Simulationen. Dazu nutzten sie unter anderem Messfahrten der elektromobilen Forschungsflotte des Instituts. Entsprechend der unterschiedlichen Elektromotoren für den Antrieb der Elektrofahrzeuge wurden alle auf dem Markt befindlichen Bauformen im Fahrzeugmodell hinterlegt. Abschließend verglichen die Darmstädter Forscher das gesamte Modell des Fahrzeuges mit den Daten aus den Messfahrten. Die Ergebnisse zur simulierten Batteriekapazität beziehungsweise zum Ladezustand der Batterie, englisch SOC für „State of Charge“, stimmen gut mit der Messung überein.

Realistische und energieeffiziente Routenwahl

Am Beispiel eines Fahrzeuges der Kompaktklasse zeigen die Ergebnisse auf einer realen Beispielstrecke, dass der Hersteller den tatsächlichen Verbrauch um 25 Prozent unterschätzt, während das Fahrzeugmodell des Fraunhofer LBF den Verbrauch um fünf Prozent leicht überschätzt. Für den zukünftigen Anwender der Informationsplattform www.vielmobil.info bedeutet dies, dass der Routenberechnung ein konservativer Energieverbrauch zugrunde liegt und er daher bei seiner Routenplanung auf der „sicheren Seite“ bleibt. Bereits vor Fahrtantritt wird die kostenfreie Onlinedienstleistung dem Plattformnutzer die Reichweite seines Elektrofahrzeugs realistisch angeben und ermöglicht ihm eine energieeffiziente Routenwahl.

Über Fraunhofer Institut LBF

Das Fraunhofer LBF entwickelt, bewertet und realisiert im Kundenauftrag maßgeschneiderte Lösungen für maschinenbauliche Komponenten und Systeme, vor allem für sicherheitsrelevante Bauteile und Systeme. Dies geschieht in den Leistungsfeldern Schwingungstechnik, Leichtbau, Zuverlässigkeit und Polymertechnik. Neben der Bewertung und optimierten Auslegung passiver mechanischer Strukturen werden aktive, mechatronisch-adaptronische Funktionseinheiten entwickelt und prototypisch umgesetzt. Parallel werden entsprechende numerische sowie experimentelle Methoden und Prüftechniken vorausschauend weiterentwickelt. Die Auftraggeber kommen aus dem Automobil- und Nutzfahrzeugbau, der Schienenverkehrstechnik, dem Schiffbau, der Luftfahrt, dem Maschinen- und Anlagenbau, der Energietechnik, der Elektrotechnik, dem Bauwesen, der Medizintechnik, der chemischen Industrie und weiteren Branchen. Sie profitieren von ausgewiesener Expertise der mehr als 400 Mitarbeiter und modernster Technologie auf mehr als 11 560 Quadratmetern Labor- und Versuchsfläche an den Standorten Bartningstraße und Schlossgartenstraße.

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